08.09.2010, 14:41 Uhr | Märkische Allgemeine / Klaus Bischoff

Lärm der Flieger streut sich breiter
LUFTVERKEHR: Neue Vorschläge für startende Maschinen sorgen für neue Ängste im Flughafen-Umfeld

Für in Schönefeld startende Maschinen hat die Flugsicherung neue Routen vorgestellt. Nun ist die Aufregung groß. Werden jetzt wir unter den Fluglärm leiden, fragen sich Einwohner mehrer Orte.
SCHÖNEFELD - „Jahrelang wurde uns erzählt, wir bräuchten uns vor Fluglärm nicht zu fürchten und nun, kurz vor Toresschluss, stellt sich das Gegenteil heraus“, schimpfte Rainer Block, Gemeindevertreter aus Großziethen gestern. „Das wird Aufruhr geben“, prophezeite er.

Erhebliche Nachteile für seinen Ort sieht auch Markus Mücke, Bürgermeister von Schulzendorf. „Nun könnte es passieren, dass auch diejenigen unter Lärm leiden, die südlich der Ernst-Thälmann-Straße wohnen“, sagt er. Das sei auch juristisch bedenklich, da sie im Planfeststellungsverfahren keine Mitwirkungsmöglichkeiten hatten.

Tags zuvor hatte die Deutsche Flugsicherung (DFS) der Fluglärmkommission Vorschläge für neue Abflugrouten unterbreitet. Sie sehen vor, dass startende Maschinen in einer gewissen Höhe ihre Bahnen zueinander um 15 Grad nördlich beziehungsweise südlich verschwenken. Das erfordern die Sicherheitsbestimmungen für parallel verlaufende Startbahnen.

Deutliche Kritik übt Mücke daran, dass die DFS erst jetzt aktiv wurde. „Dass betreffende internationale Vorschriften erst nach dem Planfeststellungsbeschluss gültig wurden, ist eine schwache Ausrede“, meint er.

„In Eichwalde würde nicht nur der nördliche Rand, sondern ein deutlich größerer Teil in Mitleidenschaft gezogen“, schätzt Wolf Carius ein, der seine Kommune in der Fluglärmkommission vertritt. Er empfiehlt, diese Flugbahnen im Interesse des Lärmschutzes zu modifizieren.

„Bislang ist das Bild nicht klar. Wir stehen erst am Beginn der Kommunikation“, reagiert Königs Wusterhausens Bürgermeister Lutz Franzke und verspricht wachsam zu sein, was eine mögliche Belastung seiner Stadtteile angehe. „Wir galten bislang als nicht betroffen und sind damit in das Verfahren nicht einbezogen worden“, stellt Zeuthens amtierende Rathauschefin Sabine Weller fest, kündigt aber an, die Dinge zu prüfen und sich im Rahmen der Schutzgemeinschaft der Umlandgemeinden zu wehren.

Noch sind mehr Fragen offen als beantwortet. Denn die abschließende Entscheidung trifft das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung voraussichtlich erst Mitte 2011. Eines aber zeichnet sich ab: Der Kreis der Lärmgeplagten wird größer. Denn die Regeln für Anflüge bleiben unverändert – hier wird in der Achse der Landebahnen geflogen. Gestartet werden soll aber über den Köpfen derer, die im nördlich und südlich angrenzenden Gebiet wohnen. Ihre Wohngebiete wären also ebenfalls zu berücksichtigen.

„Für sie wäre eine Entlastung über einen höheren Steigungswinkel möglich“, merkt der Vize-Chef der Schutzgemeinschaft, Herbert Burmeister, an. Je schneller der Jet im Himmel verschwindet, desto weniger ist von ihm am Boden zu hören. Ein entsprechendes Verfahren werde zurzeit am Zentrum für Luft- und Raumfahrt in Braunschweig getestet, teilt Flugsicherungs-Sprecher Stefan Jäkel mit. „Aber irgendwo müssen die Flugzeuge fliegen, um jede Ortschaft können sie keinen Bogen machen“, kommentiert er die Diskussion.

Ob und wenn ja, wie viele neue Ansprüche auf Schallschutz entstehen, kann der Flughafen noch nicht absehen. „Unsere Computer-Programme rechnen das gegenwärtig durch“, berichtet dessen Sprecher Ralf Kunkel. „Wenn es diese Fälle gibt, werden wir das selbstverständlich anerkennen“, sichert er zu. Doch ist auch die Flughafengesellschaft an die rechtlichen Festlegungen gebunden. „Deswegen“, so Kunkel, „muss schnell für Klarheit gesorgt werden, nicht erst am Sankt-Nimmerleins-Tag.“

Bisher seien noch keine Nägel mit Köpfen gemacht worden, betont Schönefelds Bürgermeister Udo Haase. Die DFS-Vertreter hätten lediglich zwei von mehreren Varianten für die Routengestaltung erläutert. „Schönefeld wird jedenfalls keiner Lösung zustimmen, die uns zugunsten von Blankenfelde-Mahlow benachteiligt“, versichert Haase. Doch Großziethens Sorgen seien vermutlich unbegründet. Sie bezögen sich auf einen Vorschlag des Gutachters der Schutzgemeinschaft, Dieter Faulenbach da Costa, und nicht auf die Darlegungen der Flugsicherung.

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